Garmin bietet auf einige Uhren seit ein paar Monaten täglich personalisierten Trainingsvorschäge an. Das neue Feature ist unter den Nutzern sehr beliebt, sorgt aber immer wieder für Verwirrung und einer Menge Frage. Daher habe ich die Funktion in einem Selbstversuch ausführlich getestet.
Es sind hauptsächlich die Modelle der Foreruner und Fenix Serie, auf denen die neue Funktion zu finden ist. Du erhältst täglich einen Trainingsvorschlag, der das Ziel hat Deinen aktuellen Fitness Level zu verbessern oder zu halten. Wie das in der täglichen Praxis klappt und ob man dadurch wirklich leistungsfähiger und fitter wird, habe ich ein Monat lang ausführlich getestet.
Abgesehen von den Trainingsvorschlägen gibt es noch weitere Möglichkeiten Trainingspläne direkt auf einer Garmin Uhr zu nutzen, die ich Dir in diesen Beiträgen erkläre.
Wie funktionieren die Trainingsvorschläge
Wie schon eben erwähnt, geht es darum Dein aktuelles Fitness Niveau zu halten oder zu verbesseren. Dazu ist ein ausgewogenes und in der Intensität angemessenes Training notwendig. Und genau damit haben viele Hobbysportler ein Problem. Viele Freizeitathleten neigen dazu zu oft, zu intensiv und zu einseitig zu trainieren. Das verhindert entsprechende Fortschritte und kann sogar bis zum Übertraining führen, was wiederum chronische Schmerzen und Verletzungen begünstigt.
Die Trainingsvorschläge werden auf Basis der Messwerte der Garmin Trainingsanalyse erstellt. Entscheidend dabei ist
- der Leistungszustand
- die Trainingsbelastung und der Trainingsbelastungsfokus
- VO2max Wert
- Erholungszeit
- die zuletzt durchgeführten Trainingseinheiten
Sobald Du das Sportprofil Laufen oder Radfahren direkt auf der Uhr aufrufst, wird der tägliche Trainingsvorschlag sofort eingeblendet. Solltest Du den Vorschlag nicht annehmen wollen, drückst Du die rechte untere Taste und kehrst damit zurück in das gewünschte Aktivitätsprofil.
In der ersten Ansicht bekommst Du die wichtigsten Informationen zum Trainingsvorschlag eingeblendet. Um welche Art von den Training es sich handelt, wie der Ablauf aussieht und wie lange es ungefähr dauern wird.
Um Genaueres zum Trainingsvorschlag zu erfahren, drückst Du die rechte obere Taste, wodurch sich ein Auswahlmenü öffnet und Du mit der linken unteren Taste den Menüpunkt Abschnitte auswählst.
Damit werden Dir die einzelnen Trainingsabschnitte gezeigt. In diesem Beispiel handelt es sich um ein Intervalltraining, das mit einem Warm Up von 15 Minuten mit einer Pace von 6:20 min/km beginnt.
Danach ist der erste Abschnitt Laufen über 400 Meter mit einer Pace von 4:20 min/km zu absolvieren und danach folgt eine Erholungsphase von 3 Minuten mit einer Pace von 7:25 min/km. Dieser Intervall von Laufen und Erholung soll zwei bis drei Mal wiederholt werden.
In weiterer Folge wird dann eine etwas längere Erholung mit 5 Minuten eingelegt und dann soll der obige Intervall wieder dreimal wiederholt werden. Abgeschlossen wird das Training mit einem Cooldown über 10 Minuten bei einer Pace von 6:20 min/km.
Praxistipps zu den Trainingsvorschlägen
Herzfrequenz und Pace Angaben
Die Vorgaben zu Herzfreqenz und Pace werden natürlich individuell gestaltet und sind auf Dein persönliches Fitness Niveau abgestimmt. Gleichzeitig sind diese Vorgaben nur als Richtwerte zu verstehen. Es gibt einen Toleranzbereich nach oben und nach unten, weshalb Du die vorgeschlagenen Werte nicht punktgenau einhalten musst.
Wenn zum Beispiel in der Aufwärmphase ein Pace von 6:15 min/km vorgegeben wird und Du möchtest es aber mit 6:00 min/km etwas schneller oder mit 6:30 min/km etwas ruhiger angehen, ist das kein Problem und hat auch keine Auswirkungen auf den Trainingsvorschlag.
Herzfrequenz statt Pace
Wenn du mit den Angaben zur Pace nur wenig anfangen kannst, dann besteht bei einigen Trainingsvorschlägen die Möglichkeit sämtliche Vorgaben auf Herzfrequenz zu ändern. Dazu musst im Trainingsvorschlag über die rechte obere Taste wieder das Auswahlmenü aktivieren und scrollst bis zum Menüpunkt „Zieltyp“. Dort wählst Du dann Herzfrequenz als gewünschte Vorgabe. Diese Einstellung ist mit Ausnahme bei Intervall und Sprints bei jedem Trainingsvorschlag möglich.
Nach Ende des Trainingsvorschlag weitertrainieren
Auch das ist möglich. Sobald der Trainingsvorschlag vollständig absolviert wurde, wird das Training automatisch beendet. Solltest Du aber noch weiterlaufen wollen, wird ebenfalls automatisch in die normale Trainingsaufzeichnung umgeschaltet. Das heißt der gesamte Trainingsvorschlag inklusive dem zusätzlichen Training wird als zusammenhängende Trainingseinheit protokolliert und auch in der App so dargestellt.
Auch das vorzeitige Beenden des Trainingsvorschlages ist möglich. Solltest Du die Trainingseinheit nicht vollständig absolvieren wollen oder können, beendest Du das Training einfach mit der rechten oberen Taste und speicherst auf herkömmliche Weise die Aktivität.
Trainingsvorschlag mit Brustgurt oder Pulsmessung am Handgelenk
Grundsätzlich ist es immer sinnvoll mit Brustgurt zu laufen, da Du damit wirklich genaue Messdaten erhältst. Besonders bei intensiven Einheiten wie Intervall oder Sprint empfehle ich Dir unbedingt einen Brustgurt zu verwenden. Die optische Pulsmessung ist für solche Trainingsformen zu träge um die Belastung in ihrer tatsächlichen Intensität zu erfassen.
Bei ruhigen Dauerläufen in den unteren Pulsbereichen ist die Pulsmessung am Handgelenk zuverlässig, weshalb Du auf einen Brustgurt verzichten kannst.
Mein Selbstversuch – 1 Monat mit Trainingsvorschlägen
Wie schon eingangs angekündigt, habe ich einen kleines Selbstexperiment rund um die täglichen Trainingsvorschläge gemacht. Ich habe ein Monat lang die Vorschläge genau befolgt um herauszufinden, ob und wenn ja welche Auswirkungen das Training auf meine Fitness hat.
Die Ausgangssituation war geradezu ideal:
Verwendetes Gerät: Garmin Fenix 6
Ich startete meinen Selbstversuch am 21. März. Bis dahin kritisierte meine Uhr schon seit Wochen, daß mein Belastungsfokus „leicht aerob zu gering“ sei. Was auch die Trainingsbelastung über ein Monat bestätigte, da hauptsächlich intensive Trainings im hoch aeroben Bereich zu sehen waren. Gleichzeit war ich aber in diesem Monat auch relativ faul, weil ich nur 8 echt Trainings absolvierte. Der Rest waren kleinere Aktivitäten, die ich so nebenbei aufgezeichnet hatte. Und mein VO2max wert war schon mal wesentlich besser.
Insgesamt war die Trainingssituation zu diesem Zeitpunkt unbefriedigend und mit mir selbst war ich auch nicht zufrieden. Mit einem Wort eine Menge guter Gründe um das Training grundlegend umzukrempeln und etwas Neues auszuprobieren.
So beschloss ich 1 Monat lang jeden zweiten Tag zu trainieren und dabei die Trainingsvorschläge der Garmin Uhr genau zu befolgen. Aufgrund teilweise wirklich schlechtem Wetter schaffte ich in diesen 30 Tagen jedoch nur 14 Trainingseinheiten, womit ich mein Ziel ganz knapp verfehlte.
In diesem Monat bekam ich die volle Bandbreite an verschiedenen Trainingsvorschlägen, die sowohl Dauerläufe in den unteren Pulsbereichen wie auch Tempoläufe, Sprint und Intervalltraining umfassten.
Woche 1 – 21.03. – 27.03.
Ich absolvierte drei Trainingseinheiten, die ein Wechsel aus ruhigen Dauerläufen und Sprinttraining waren. Dieses recht abwechslungsreiche Training hatte zur Folge, daß sich meine Leistungsdaten deutlich verbesserten. Schon mit Ende der ersten Woche war ich Sachen Trainingszustand in „Höchstform“. Eine so positive und rasche Entwicklung hatte ich nicht erwartet und war daher sehr motiviert.
Woche 2 – 28.03 – 03.04.
Es folgten vier Trainingseinheiten, bestehend aus einem Sprinttraining, einem Tempolauf und zwei eher langsamen Dauerläufen. Der Tempolauf am 30.03. bestand aus einer Aufwärmphase, zwei langen Laufabschnitten, in denen ich knapp an der aeroben Schwelle laufen sollte, unterbrochen durch eine Erholungsphase. Nach dem ersten Laufabschnitt hatte ich das Training irrtümlich auf der Uhr beendet. Startete daher eine neue Trainingsaufzeichnung und absolvierte den Rest des Trainingsvorschlags. (Daher sind am 30.03. zwei Trainingseinheiten eingetragen). Diese Trainingswoche endete mit „Formerhalt“ beim Trainingszustand.
Woche 3 – 04.- 10.04
Diese Woche waren es mit einem Tempolauf, zwei ruhigen Dauerläufen und einem Sprinttraining insgesamt vier Einheiten. Obwohl ich den Eindruck hatte, gut trainiert zu haben und mich insgesamt sehr wohl fühlte, veränderte sich mein Trainingszustand von Formaufbau am Anfang der Woche zu „Unproduktiv“ am Wochenende.
Wobei damit nicht gemeint ist, daß man faul wäre.
Der Trainingszustand „Unproduktiv“ bedeutet, daß sich der Körper aktuell nur schwer erholen kann. Faktoren wie Stress, Ernährung oder schlechter Schlaf beeinflussen die vollständige Regeneration.
Woche 4 – 11.04. – 17.04
In der letzten Woche war es wieder sehr abwechslungsreich. Zuerst wurde ein ruhiger Dauerlauf vorgegeben, danach folgte eine intensive Intervall Einheit und die Woche hätte mit einem ruhigen Dauerlauf abgeschlossen werden sollen. Da aber perfektes Laufwetter war und ich mich richtig gut fühlte, ließ ich mich zu einem Tempolauf hinreißen. Womit ich am letzten Tag den Trainingsvorschlag nicht befolgte, was sich, wie ich gleich berichten werde, als sehr positiv herausstellte. Mein Trainingszustand wechselte mit jeder Einheit von Erholung, zu Formaufbau bis schlussendlich Unproduktiv.
Mein VO2max Wert hat sich in diesen vier Wochen nur geringfügig verändert. Von ursprünglich 45, auf zwischenzeitlich kurz und einmalig auf 47 um sich dann bis zum Schluss auf 46 einzupendeln.
Selbstversuch Ende
Bis zu diesem Selbstexperiment in den letzten vier Wochen war ich ein Hobbyläufer, der eher zügige Tempoläufe und Fahrtspiele bevorzugte. Intervalle, Sprints oder langsame Dauerläufe fanden in meiner Trainingsplanung kaum Berücksichtigung. Jedoch machte ich schon seit längerer Zeit keinerlei Fortschritte. Weder konnte ich die Zeiten auf meinen üblichen Strecken verbessern, noch schaffte ich längere Distanzen über 15 KM.
Es war interessant auch andere Trainingsvarianten längerfristig auszuprobieren und die Auswirkungen auf meinen Fitness Level zu sehen und ich bin mir sicher, daß ich auch zukünftig Intervalle und Dauerläufe in niedrigen Pulsbereichen absolvieren werde.
Obwohl es die Leistungsdaten zum Abschluss des Selbstversuchs nicht zeigen, kann ich aber trotzdem mit Sicherheit sagen, daß ich jetzt fitter bin als ich es noch vor vier Wochen war. Bei meinem letzen Lauf am 17.04, an dem der Trainingsvorschlag ein langsamer Dauerlauf war und ich aber einen Tempolauf machte, verbesserte ich meine 10 KM Zeit um rund eine Minute. An so ein Steigerung wäre vor rund einem Monat nicht zu denken gewesen.
Trainingsvorschläge kombiniert mit Wettkampf – Widget
Eine weitere sehr interessante Möglichkeit die täglichen Trainingsvorschläge zu nutzen, ergibt sich in Kombination mit dem Wettkampf (Race) Widget. Dieses Widget ist aktuell auf den Uhren
Forerunner 255, Forerunner 945 LTE, Forerunner 955, Fenix 7, Epix 2, Enduro 2, Tactix 7
verfügbar (Stand September 2022)
Das Wettkampf Widget ist eine Funktion, die dabei helfen soll, sich auf einen – der Name verrät es bereits – Wettkampf vorzubereiten. Jedoch kann man das Feature auch dafür verwenden ein eigenes Trainingsziel zu erreichen.
Wie das genau funktioniert zeige ich Dir in dieser kurzen Anleitung
In diesem Beispiel geht es darum, in ein paar Wochen einen Halbmarathon zu laufen. Ohne dabei eine bestimmte Zeit zu erreichen, sondern es soll einfach nur die Distanz bewältigt werden.
Um dieses Trainingsziel nun zu definieren, muss zuerst der Kalender in Garmin App, den in der unteren Leiste findest, aufgerufen werden. Dann führst Du folgende Schritte durch
- Zuerst wähle das passende Datum
- Dann klickst Du rechts oben auf die drei vertikal angeordneten Punkte und wählst „Event hinzufügen“
- In weiterer Folge kannst Du dann in mehreren Schritten verschiedene Informationen hinzufügen. Unter Anderem Datum, Uhrzeit, Ort, Streckenlänge, Zielzeit
Am Ende erhältst Du eine Übersicht aller gemachten Angaben zu dem Event, die dann genau so im Kalender abgespeichert werden.
Ist das Event einmal eingetragen, sind damit auch schon alle Vorbereitungen abgeschlossen. Denn in weiterer Folge werden die täglichen Trainingsvorschläge auf dieses Event abgestimmt, was dann so aussieht.
Wie Du siehst, wird die Vorbereitung auf das Event (Halbmarathon) in eine Grundlagephase, eine Aufbauphase, eine Höchstformphase und einer Reduzierungsphase eingeteilt. Jeweils der Phase entsprechend bekommst Du dann tägliche Trainingsvorschläge.
Ich halte die Kombination aus Trainingsvorschläge und Wettkampf-Widget für eine sehr attraktive Alternative zu herkömmlichen Trainingsplänen oder dem Garmin Coach.
Einerseits deshalb, weil meine bisherigen Erfahrungen zeigen, daß die Trainingsvorschläge generell sehr abwechslungsreich sind und immer wieder neue Herausforderungen bringen. Andererseits berücksichtigen die Trainingsvorschläge aber auch die Daten aus der Trainingsanalyse, weshalb die vorgeschlagenen Trainingseinheiten immer darauf abzielen, den aktuellen Fitness Level zu halten oder zu verbessern.
Abgesehen davon genießt man bei den Trainingsvorschlägen auch mehr Freiheit. Kann man aus terminlichen Gründen oder einfach weil es an Motivation fehlt, eine Trainingseinheit nicht durchführen, ist das kein großer Beinbruch – am nächsten Tag liegt schon ein entsprechend angepasster Vorschlag auf dem Tisch.
Fazit
Garmins tägliche Trainingsvorschläge bringen eine Menge Abwechslung ins eigene Training. Sie helfen besonders Anfängern dabei strukturiert und in angemessener Intensität neue Trainingsziele zu erreichen. Aber auch versierte Hobbysportler werden mit diesem Feature sicher ihre Freude haben, weil man eventuell Anregungen für neue Trainingsformen findet und sich so von verstaubten Trainingsroutinen verabschiedet.