Garmin Trainingsanalyse – Teil 1 Trainingszustand

Garmin Smartwatches und Sportuhren sind für ihre umfassende Trainingsanalyse bekannt und beliebt. Doch sorgen die vielen Metriken und Daten auch oft für Verwirrung und manchmal sogar Ärger. Doch richtig intepretiert sind die Daten sehr nützlich und machen aus Dir einen besseren Sportler

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Kaum ein anderer Hersteller bietet auf seinen Uhren eine so detaillierte und umfangreiche Analyse von Trainingseinheiten an, wie es Garmin tut. Das Paket an verschiedenen Funktionen liefert Dir Daten zur Intensität eines Trainings und zu dessen Auswirkungen auf Deinen langfristigen Formaufbau, zeigt in welchen Pulsbereichen Du aktiv warst oder wie es um Deine aktuelle Fitness bestellt ist.

Damit Du die Garmin Trainingsanalyse optimal zu Deinen Vorteil nutzen kannst, werde ich in dieser Artikelreihe alle Funktionen detailliert vorstellen

Garmin und Firstbeat

Um solche Features überhaupt anbieten zu können, ist natürlich eine Menge Know How notwendig und das holte sich Garmin über eine bereits schon seit Jahren bestehende Kooperation mit Firstbeat, dem führenden Anbieter auf dem Gebiet der physiologischen Analyse für Sport und Fitness.

Das Unternehmen hat zahlreiche Analysemethoden und Algorithmen entwickelt, um primär Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität umfassend auszuwerten um daraus nützliche Informationen zu Training, Belastung und Erholung dem Nutzer zur Verfügung zu stellen. Firstbeat arbeitet aber nicht exklusiv mit Garmin zusammen, sondern stellt seine Metriken auch anderen Herstellern wie Huawei, Suunto oder Amazfit zur Verfügung.

Ob auch zuküftig Firstbeat Features auf anderen Uhren zu finden sein wird, muss abgewartet werden. Im letzten Jahr hat Garmin Firstbeat gekauft womit das Unternehmen nun eine Tochter des Uhrenherstellers ist.

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Welche Funktionen bietet die Garmin Trainingsanalyse an?

Wie schon erwähnt, ist die Trainingsanalyse ein ganzes Paket an verschiedenen Funktionen. Konkret geht es um diese Features:

  • Trainingszustand
  • Trainingsbelastung
  • Belastungsfokus
  • Trainingseffekt
  • Erholungszeit
  • Hitzeakklimatisierung
  • Leistungszustand
  • VO2max

Sämtliche Funktionen werde ich nachstehend genau erklären und dabei auch meine eigenen Erfahrungen einfließen lassen bzw. auch schildern wie ich mit diversen Messungen und Ergebnissen umgehe.

Dabei möchte ich erwähnen, daß ich seit rund einem Jahr permanent die Garmin Fenix 6 trage und beim Training immer einen Garmin HRM Pro verwende. Der Brustgurt kommt deshalb zum Einsatz, weil ich regelmäßig auch Intervall- und Sprint Training absolviere und die optische Pulsmessung am Handgelenk ( auch bei einer Fenix ) dabei nur sehr bescheidene Messungen liefert.

Weiters möchte ich noch darauf hinweisen, daß ich bei der Erklärung der einzelnen Funktionen größtenteils darauf verzichte, Dich mit sportwissenschaftlichen oder medizinischen Details zu verwirren oder zu langweilen. Nur wenn es zum besseren Verständnis notwendig ist, werde ich solche Hintergrundinfos anführen.

Für mehr Information findest Du am Ende des Artikels weiterführende Links

Garmin Trainingsanalyse – die wichtigen Basics

Grundsätzlich gilt, daß die Analyse nur für Laufen und Radfahren zur Verfügung steht. Um Funktionen wie Trainingszustand oder Belastung nutzen zu können, müssen

  • mindestens 2 Aktivitäten ( Laufen oder Rad) pro Woche aufgezeichnet werden
  • beim Laufen werden nur Outdoor Trainings mit Herzfrequenzmessung und aktivierten GPS berücksichtigt
  • beim Radfahren werden sowohl Indoor- und Outdoor Aktivitäten aufgezeichnet, jedoch nur mit Herzfrequenzmessung und Leistungsmesser

Damit Du auch wirklich sinnvolle und nützliche Daten aus der Analyse erhältst, ist es von eminenter Wichtigkeit, daß Du korrekte Informationen zu Deiner maximalen Herzfrequenz (HFmax) in Garmin Connect hinterlegst. Das gilt im Übrigen auch für diverse biometrische Daten, wie Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht.

Stimmen diese Angaben (besonders HFmax) nicht, dann sind sämtliche darauf basierenden Messungen zu Pulszonen, VO2max, Trainingsbelastung und Trainingszustand ebenfalls falsch. Auch wirst Du über die Garmin Trainingsvorschläge kaum brauchbare Tipps erhalten.

Garmin Trainingszustand

Wenn eine Funktion der Garmin Trainingsanalyse immer wieder für Gesprächsstoff und teilweise hitzige Diskussionen sorgt, dann ist es definitiv der Trainingszustand.

Trainingszustand ist ein Feature, das Dir dabei hilft, den Nutzen Deines Trainings besser zu verstehen. Die Meisten von uns Hobbysportler wollen Ihren aktuelle Fitness verbessern oder zumindest die momentane Trainingsform halten. Dabei drängt sich natürlich die Frage auf, wie intensiv und wie lange man trainieren muss um die eigenen Trainingsziele zu erreichen.

Die Funktion Trainingszustand liefert die notwendigen Information dazu. Dabei wird die Trainingsbelastung der letzten 7 Tage beurteilt und mit den Trainingseinheiten der vorangegangen 28 Tage verglichen. Die daraus resultierenden Daten ergeben Deinen aktuellen Trainingszustand.

Folgende Trainingszustände gibt es

Höchstform

Häufigkeit und Intensität Deiner Trainings sind optimal und Du befindest Dich in einem ausgezeichneten körperlichen Zustand. Genieße den Moment – erfahrungsgemäß lässt sich dieser Trainingszustand nicht lange halten.

Formaufbau

Du bist absolut richtig Weg. Du trainierst oft und intensiv genug um Deine Fitness permanent zu verbessern, ohne dabei auf die notwendigen Erholungsphasen zu verzichten.

Formerhalt

Deine Trainingsbelastung reicht aus, um den aktuellen Fitness Level zu erhalten. Wenn Du Dich verbessern möchtest, solltest Du mehr und härter trainieren.

Erholung

Ein sehr wichtiger Trainingszustand. Besonders nach längeren Phasen des harten Trainings ist ausreichende Regeneration und Erholung für Deine Trainingsform sehr förderlich

Unproduktiv

Du trainierst zwar in der richtigen Frequenz und Intensität, Deine Fitness verschlechtert sich aber trotzdem. Das kann viele Ursachen haben, wie fehlende Erholung, kurzer oder schlechter Schlaf, falsche Ernährung (Alkohol!) oder körperlicher und mentaler Stress.

Formverlust

Du trainierst zu wenig. Um Deinen Trainingszustand wieder zu verbessern, solltest Du wieder öfter und härter trainieren.

Kein Zustand

Wenn Du stolzer Besitzer einer neuen Garmin Uhr bist, kann es bis zu zwei Wochen dauern, bis das erste Mal ein Trainingszustand angezeigt wird.

So wie in untenstehender Tabelle, wird auch auf der Garmin Uhr und in der Garmin Connenct App der einzelne Trainingszustand beschrieben und Du bekommst dazu eine entsprechende Empfehlung.

Bildquelle Garmin

Garmin Trainingszustand Unproduktiv

Während das Feature insgesamt gut angenommen ist wird, ist es der Trainingszustand „Unproduktiv“ der bei Nutzern sehr oft für Überraschung, Unverständnis und manchmal sogar Ärger sorgt. In Foren und Facebook-Gruppen berichten Hobbysportler immer wieder, daß beispielsweise in einer Phase des intensiven Trainings der Trainingszustand plötzlich von „Formaufbau“ auf „Unproduktiv“ wechselt.

Es ist für die Nutzer oft nicht nachvollziehbar, weshalb das Training plötzlich unproduktiv sein soll, obwohl man die gewohnten Trainingsroutinen absolviert oder eben gerade sehr intensiv und oft trainiert, was eigentlich in Richtung Formaufbau oder Höchstform führen sollte.

Wie schon oben erwähnt, sind die Gründe dafür fast immer abseits des Trainings zu suchen. Zumeist ist es beruflicher Stress, schlechter Schlaf, vielleicht bahnt sich aber auch eine kleine Verkühlung an oder es ist schlicht eine vorübergehende Phase, in der körperlich nicht Alles ganz rund läuft. Über die Messung der Herzfrequenzvariabilität lassen sich solche Symptome sehr zuverlässig nachweisen.

In solchen Momenten sollte man sich selbst einfach mal zwei oder drei Tage Ruhe gönnen oder statt einem anstrengenden Trainingslauf einen ausgedehnten Spaziergang in der Natur machen und neue Energie tanken.

Auf jeden Fall bedeutet der Trainingszustand Unproduktiv nicht, daß Du etwa zu wenig oder falsch trainieren würdest und schon gar nicht daß Du faul bist. Es ist viel mehr eine Empfehlung, Deine Trainingsgewohnheiten zu ändern, weil die aktuelle Trainingsbelastung zu Deiner momentanen körperlichen Verfassung nicht passt.

Garmin Trainingszustand in der Praxis

Wie interessant und nützlich die Daten aus dem Trainingszustand sind und welche Rückschlüsse sie zulassen, möchte ich Dir anhand von drei Beispielen aus meiner Trainingspraxis zeigen.

Beispiel 1

Nach einer mehrwöchigen Phase, in der ich oft und meistens sehr intensiv trainierte, musste ich aufgrund diverser beruflicher und privater Verpflichtungen für rund zwei Woche deutlich kürzer treten. Ich rechnete damit, daß mein Trainingszustand von Formaufbau auf Formerhalt oder sogar auf Formverlust wechseln würde.

Und tatsächlich änderte sich der Zustand – jedoch zu meiner großen Überraschung auf Erholung! und wiederum nach einigen Tagen auf Formerhalt. Ich interpretiere diesen Wechsel so, daß ich schon kurz vor dem Trainingszustand Überforderung stand, aber durch die Reduktion meiner Trainingsbelastung noch rechtzeitig in eine Erholungsphase wechselte.

Seitdem achte ich auch in intensiven Trainingsphasen auf die entsprechende Regeneration.

Beispiel 2

Im Spätwinter dieses Jahres trainierte ich eifrig und schaffte tatsächlich den Trainingszustand Höchstform, nur um ein paar Tage später nahtlos in den Zustand Unproduktiv zu wechseln. Ich konnte mir diese Änderung anfänglich nicht erklären. Zwei Tage später saß ich aber bereits mit einer dicken Backe beim Zahnarzt und ließ mir einen übel entzündeten Zahn entfernen.

Offensichtlich war es diese Entzündung mit der mein Körper bereits beschäftigt war, ich aber noch nichts davon wusste, die meinen Trainingszustand so abstürzen ließ.

Daraus habe ich gelernt, daß der Trainingszustand Unproduktiv zwar nicht schön ist, aber immer einen guten Grund hat.

Beispiel 3

Im Herbst des Vorjahres absolvierte ich ungewöhnlich viele lange Dauerläufe in den unteren Pulszonen. Es machte einfach Spass bei schönen Wetter durch die herbstbunte Landschaft zu laufen. Obwohl lockere Läufe über lange Distanzen wichtiger Bestandteil eines jeden Trainings sein sollten, habe ich es damit eindeutig übertrieben. Mein Trainingszustand wechselte rasch von Formerhalt zu Formverlust, weil die Trainingsbelastung über einen längeren Zeitraum zu niedrig war.

Meine Erkenntnis daraus – Damit das Training sinnvoll und nützlich bleibt, sollte hinsichtlich Häufigkeit, Dauer und Intensität sehr abwechslungsreich sein.

Fazit

Garmin Trainingsbelastung zeigt Dir, wie sich die letzten Trainingseinheiten auf Deine Trainingsform und Deinen Fitness Level auswirken. Damit hast Du ein hervorragendes Tool in der Hand, das Dir dabei hilft Dein Training effektiv zu steuern, um so Deine Trainingsziele auch zu erreichen.

Richtig interpretiert kannst Du aus jedem Trainingszustand genau herauslesen, ob Du gerade wichtige Fortschritte erzielst, aktuell Deine Trainingsform konservierst oder es momentan klüger wäre, eine kleine Pause einzulegen.