Herzfrequenzvariabilität – Dein persönlicher Gesundheitskompass

Die Messung der Herzfrequenzvariabilität gewinnt immer mehr an Bedeutung und hat sich inzwischen zu einer der beliebtesten Funktionen bei Smartwatches entwickelt. Warum auch Du Deine Herzratenvariabilität kennen solltest und welche Vorteile das hat, erfährst Du in diesem Ratgeber.

Die Herzfrequenzvariabilität gilt als ein sehr zuverlässiger Indikator dafür, wie wohl Du dich fühlst, wie gesund und wie fit Du bist. Deshalb interessieren sich immer mehr fitnessbegeisterte und gesundheitsbewusste Menschen für das Thema.

Damit auch Du die HRV Messung zu Deinem Vorteil nutzen kannst werde ich alle wichtigen Aspekte in diesem Ratgeber erklären

Das Wichtigste in Kürze

  • Als Herzfrequenzvariabilität (HRV) wird als der unregelmässige zeitliche Abstand zwischen zwei Herzschlägen bezeichnet
  • Die HRV ermöglicht tiefgehende Einsichten zu Gesundheit, Fitness und allgemeinen Wohlbefinden
  • Das autonome Nervensysten (ANS) steuert und beeinflusst die HRV.
  • Die Herzfrequenzvariabilität ist ein äußerst individueller Wert, der sich mit Messdaten anderen Personen nicht vergleichen lässt. Es gibt daher auch keine wissenschaftlich definierten Normwerte.
  • Die HRV kann als wichtiger Parameter zur Beurteilung der Schlafqualität und zur Steuerung des Trainings verwendet werden.
  • Die HRV kann durch verschiedene Maßnahmen gesteigert und optimiert werden.

Was ist die Herzfrequenzvariabilität?

Es ist bekannt, daß das Herz bei Anstrengungen und generell bei hohen Belastungen schneller schlägt, als wenn sich der Körper im Ruhezustand befindet. Wir sprechen dabei von der Herzfrequenz oder dem Puls. Allgemein wird angenommen, daß die Herztätigkeit (Herzschlagfolge) einem natürlichen und regelmäßigen Rhythmus folgt.

Tatsächlich ist es aber völlig normal, daß bei rund 60 Herzschlägen in der Minute, das Herz nicht genau jede Sekunde einmal schlägt, sondern der zeitliche Abstand zwischen zwei Herzschläge immer um ein paar Millisekunden variiert.

Diese Unregelmäßigkeit wird als Herzfrequenzvariabilität bezeichnet und anhand der Messdaten lassen sich sehr konkrete Aussagen zu Deiner Gesundheit und Fitness machen.

Graphische Darstellung der Herzfrequenzvariabilität

So zeigt eine hohe HRV, daß Dein Körper im Gleichgewicht ist und mit jeder Art von Stress sehr gut umgehen kann. Eine niedrige HRV hingegen kann ein Zeichen für chronischen Stress, Übertraining, Krankheit oder andere gesundheitliche Probleme sein.

  • Stressmanagement: Eine hohe HRV deutet auf eine gute Stressresistenz hin. Dein Körper kann sich schneller von Belastungen erholen und bleibt leistungsfähiger.
  • Erholung: Nach dem Sport oder einer stressigen Phase sollte deine HRV wieder ansteigen. Das zeigt, dass dein Körper sich regeneriert.
  • Gesundheit: Studien haben gezeigt, dass eine hohe HRV mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (zur Studie) , Diabetes (zur Studie) und sogar psychischen Problemen wie Depressionen (zur Studie) verbunden ist.
  • Fitness: Sportler nutzen die HRV, um ihr Training zu optimieren und Übertraining zu vermeiden.

Das autonome Nervensystem als Taktgeber für die Herzfrequenzvariabilität

Das Herz schlägt abhängig von der Situation und momentanen Belastung immer in einer angemessen Frequenz.

Wenn Du beispielsweise im Büro am Schreibtisch sitzt und arbeitest, wird Dein Herz in einer niedrigen Frequenz schlagen, wogegen es bei einem intensiven Workout in einem deutlich höheren Rhythmus arbeitet.

Damit das Herz seinen Job auch wirklich gut und zuverlässig erledigt, benötigt es ein wenig Unterstützung. Jeder einzelne Herzschlag wird durch den Sinusknoten im rechten Vorhof der Herzkammer ausgelöst und dieser wird durch das autonome Nervensystem (ANS) gesteuert.

Das ANS entzieht sich vollständig unserer bewussten Kontrolle und ist zuständig für so wichtige Prozesse wie Atmung, Verdauung, Blutdruck oder Stoffwechsel. Das autonome Nervensystem besteht aus zwei wichtigen Komponenten, dem Sympathikus und Parasympathikus.

Tritt der Sympathikus in Aktion wird unser Körper in den sogenannten „Kampf oder Flucht – Modus“ versetzt. Dabei erhöht sich die Herzfrequenz, das Reaktionsvermögen ist gesteigert und der Körper befindet sich in einem allgemeinen Alarmzustand.

Der Sympathikus wird dann aktiv wenn wir besondere Belastungen bewältigen müssen. Das kann hoher Stress in der Arbeit genauso sein, wie eine harte Trainingseinheit, oder auch eine Phase in der wir uns Sorgen machen oder einfach Angst haben.

Der Parasympathikus ist unter Anderem für Ruhe und Erholung zuständig. Hat er das Heft in der Hand, fährt unser Körper runter, die Herzfrequenz sinkt deutlich, wir entspannen uns und es werden automatisch verschiedene regenerative Prozesse in Gang gesetzt.

Infografik zur Funktionsweise des autonomen Nervensystems
Je nachdem welcher Zweig des ANS gerade aktiv ist, werden verschiedene Körperfunktionen hoch- oder runter gefahren

Der permanente Wechsel zwischen hoher und niedriger Herzfrequenz hat eine unregelmäßige Abfolge von Herzschlägen zur Folge, die als Herzfrequenzvariabilität bezeichnet wird.

Eine hohe Herzratenvariabilität bedeutet also daß Dein Körper auf verschiedenen Einflüsse und Belastungen sehr flexibel und unmittelbar reagieren kann, was als deutliches Zeichen für eine hohe Leistungsfähigkeit gilt.

Wenn Du mehr zum Thema erfahren möchtest, dann empfehle ich Dir den ausgezeichneten und mehrteiligen Leitfaden von Marco Altini.

Wie wird die Herzfrequenzvariabilität gemessen

Für die Messung der HRV stehen inzwischen eine Reihe von verschiedenen Messmethoden, Geräte und Apps zur Verfügung.

Hier ein kurzer Überblick dazu

1. EKG (Elektrokardiogramm)

  • Funktionsweise: Das EKG ist der Goldstandard in der HRV-Messung. Dabei werden Elektroden auf deiner Brust platziert, die die elektrischen Signale deines Herzens aufzeichnen. Daraus lässt sich die HRV präzise berechnen.
  • Vorteile: Sehr genaue Messung, ideal für medizinische Diagnosen.
  • Nachteile: Aufwendige Durchführung, meist nur in Arztpraxen oder Kliniken verfügbar.

2. Langzeit-EKG:

  • Funktionsweise: Ähnlich wie das EKG, nur dass du das Gerät für 24 Stunden oder länger trägst. So wird deine HRV über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet.
  • Vorteile: Erfasst die HRV im Alltag, gibt Aufschluss über Schwankungen im Tagesverlauf.
  • Nachteile: Kann etwas umständlich sein, da du das Gerät ständig tragen musst.

3. Brustgurt:

  • Funktionsweise: Ein Brustgurt mit integriertem Herzfrequenzsensor wird um deine Brust gelegt. Er misst die Zeitabstände zwischen deinen Herzschlägen und sendet die Daten an eine App oder ein anderes Gerät.
  • Vorteile: Relativ genaue Messung, komfortabler als ein Langzeit-EKG, oft günstiger als andere Methoden.
  • Nachteile: Kann beim Sport stören, erfordert ein zusätzliches Gerät (Smartphone oder Sportuhr).

4. Apps wie HRV4Training, EliteHRV oder Vitalmonitor

  • HRV4Training: Diese App bietet eine umfassende Analyse der HRV und verknüpft sie mit subjektiven Daten wie Stresslevel, Schlafqualität und Muskelkater. Sie gibt personalisierte Trainingsempfehlungen basierend auf den gesammelten Daten. Zu Messung wird Kamerlinse des Smartphones genutzt. Hier klicken zur App
  • Vorteil: Umfassende Anlayse der HRV, die weitere Parameter wie Stresslevel und Schlafqualität berücksichtigt.
  • Nachteil: Keine permanente Überwachung, Messung nur manuell möglich
  • EliteHRV: Diese App konzentriert sich auf die Messung der HRV und bietet eine einfache Interpretation der Daten. Sie bietet auch geführte Atemübungen zur Verbesserung der HRV. Hier klicken zur App
  • Vorteil: Genaue Messungen, sehr benutzerfreundlich
  • Nachteil: Für die Messung ist ein Brustgurt notwendig, Messung nicht permanent und muss manuell eingeleitet werden.
  • Vitalmonitor: Diese App ist ein medizinisches Produkt, das die HRV zur Beurteilung des Gesundheitszustands und des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verwendet. Hier klicken zur App
  • Vorteil: Hohe Messgenauigkeit, Produkt das auch von Ärzten und Therapeuten verwendet wird.
  • Nachteil: Zur Messung ist ein Brustgurt notwendig, keine automatischen sondern nur manuelle Messungen möglich

Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, dann empfehle ich Dir den ausgezeichneten Artikel auf Harlerunner, in dem Thomas die genannten Apps in einem Langzeit-Vergleich testet.

5. Smartwatches

  • Funktionsweise: Viele moderne Smartwatches verfügen über einen optischen Herzfrequenzsensor am Handgelenk. Dieser misst die HRV anhand von Lichtsignalen, die durch deine Haut dringen.
  • Vorteile: Einfachste und bequemste Methode, Messung jederzeit und überall möglich, viele zusätzliche Funktionen (Schlaf-Tracking, Aktivitätsmessung, etc.).
  • Nachteile: Messung kann durch Bewegung oder ungünstige Lichtverhältnisse ungenau werden, nicht so präzise wie EKG oder Brustgurt.

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Wenn Du mehr zur Berechnung der HRV erfahren möchtest, empfehle ich Dir diesen ausgezeichneten Artikel dazu zu lesen. Mit den einzelnen Metriken und Normen der HRV setzt sich dieser ausführliche Artikel auseinander.

Welche Herzfrequenzvariabilität ist normal

Grundsätzlich gilt, daß die Herzfrequenzvariabilität zu rund 30% genetisch bestimmt ist und mit fortschreitenden Alter abnimmt. So weiß man, daß bei jungen Menschen (20 Jahre) das Herz im Durchschnitt circa alle 50 Millisekunden schlägt, bei älteren Personen (60 – 65 Jahre) die HRV jedoch nur noch bei 25 – 30 Millisekunden liegt.

Dabei handelt es sich jedoch nur um sehr grobe Richtwerte

HRV – so individuell wie du

Im Netz finden sich zahllose Tabellen und Listen, die HRV -Messdaten für bestimmte Personengruppen nach Alter und Geschlecht nennen.

Diese Angaben vermitteln den Eindruck, als gäbe es wissenschaftlich belegte Normwerte für die Herzfrequenzvariabilität. Das ist aber nicht der Fall, ganz im Gegenteil wie eine beeindruckende Studie aus den Niederlanden beweist.

In dieser Untersuchung, an der rund 85.000 Menschen teilgenommen haben, wurde ganz klar bewiesen, daß die Messdaten selbst in eng umfassten Personengruppen sehr breit streuen. Aus diesem Grund ist es aus wissenschaftlicher Sicht nicht möglich, daraus aussagekräftige Normwerte abzuleiten.

Die Herzfrequenzvariabilität ist genauso individuell wie die Person selbst und wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Ein Vergleich mit einer anderen Person oder angeblichen Richtwerten ist daher nicht zu empfehlen und völlig sinnlos.

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Wodurch wird die Herzratenvariabilität beeinflusst

Wie eben erklärt ist die Herzfrequenzvariabilität zum Teil genetisch bestimmt und auch altersabhängig. Jedoch gibt es noch zahlreiche äußere Einflüsse.

Faktoren, die sich positiv auf die HRV auswirken

  • Aerobes Training und regelmäßige sportliche Aktivität
  • ebenso regelmäßige Phasen der Erholung
  • jegliche Maßnahmen der Regeneration (Massagen, Sauna, Entspannungsübungen, Wellness)
  • ausreichender und guter Schlaf
  • Ausgeglichenheit, Zufriedenheit, allgemeines Wohlbefinden
  • gesunde Ernährung
Infografik welche Faktoren die HRV positiv beeinflussen

Faktoren, die sich negativ auf die HRV auswirken

  • zu hohe Trainingsbelastung
  • wenig Erholung und Regeneration
  • mentaler und physischer Stress
  • Erkrankungen
  • zu wenig oder schlechter Schlaf

Welchen Nutzen hat die Messung der Herzratenvariabilität?

Wie bereits ausführlich erklärt, erlauben die Daten aus einer Messung der Herzfrequenzvariabilität Rückschlüsse auf Deine aktuelle körperliche Verfassung. Nochmal zur Erinnerung

  • eine hohe HRV bedeutet, daß Du fit und leistungsfähig bist
  • eine niedrige HRV weist darauf hin, daß Dein Körper Belastungen aktuell nicht so gut bewältigt.

Diese Informationen sind äußerst wertvoll und nützlich, denn so lässt sich Dein Alltag und Dein regelmäßiges Training entsprechend Deiner Tagesverfassung planen.

Bleiben wir kurz beim Sport.

Bisher konntest Du als ambitionierte Hobbysportler anhand der Herzfrequenzmessung die Intensität eines Trainings messen. So ist Dein durchschnittliche Puls bei einer lockeren Laufrunde deutlich niedriger als bei einem harten Intervalltraining, bei dem Du an Deine Leistungsgrenzen gehst.

Anhand der Pulsmessung weißt Du also wie anstrengend Dein Training war. Was Du jedoch bisher nicht wusstest, war wie lange Du Dich idealerweise erholen solltest.

Eine ausreichende Regeneration ist jedoch eine wichtige Trainingskomponente und wesentlicher Faktor für den gewünschten Trainingserfolg.

Mithilfe der HRV-Messung lässt sich aber sehr gut abschätzen, wann Dein Körper wieder erholt genug ist, um das nächste Training in Angriff zu nehmen. Damit vermeidest Du ein Übertraining und das damit verbundene erhöhte Verletzungsrisiko, steigerst gleichzeitig aber die Trainingseffizienz, was wesentliche Fortschritte hinsichtlich Deiner Fitness begünstigt.

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Und auch im Alltag ist die HRV Messung von Nutzen

So lässt sich anhand der Messdaten beispielsweise gut erkennen,

  • in welcher körperlichen Verfassung Du Deinen Tag angehst
  • in welchen Situationen Du besonders gestresst warst
  • ob Deine Nachtruhe erholsam genug war
  • wann Du am Besten eine kleine Pause einlegen solltest

So kannst Du Deinen Tagesablauf entsprechend planen, um alle Deine Aufgaben und etwaigen Stress besser zu bewältigen. Natürlich ist es nicht möglich, den Alltag ganz nach Deiner persönlichen Herzfrequenzvariabilität zu gestalten. Aber oft reichen schon ein paar kleine Maßnahmen um fitter und leistungsfähiger in den Tag zu starten und schwierige Situationen besser zu meistern.

Fazit:

Du hast jetzt einen umfassenden Einblick in die faszinierende Welt der Herzfrequenzvariabilität (HRV) gewonnen. Lass uns die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal zusammenfassen:

HRV nutzen: Deine HRV ist ein wertvolles Instrument, das dir hilft, dein Leben gesünder zu gestalten. Nutze sie als Biofeedback, zur Trainingssteuerung, für besseres Stressmanagement und zur Optimierung deines Schlafs.

HRV verstehen: Deine HRV ist mehr als nur die Zeit zwischen deinen Herzschlägen. Sie ist ein Fenster in dein autonomes Nervensystem und ein Indikator für deine Gesundheit, Stressresistenz und Erholungsfähigkeit.

HRV messen: Du kannst deine HRV ganz einfach mit einer Smartwatch oder einem Brustgurt messen. Wichtiger als starre Normwerte sind deine persönlichen Trends und die Beobachtung, wie sich deine HRV im Laufe der Zeit verändert.

HRV verbessern: Du hast die Macht, deine HRV aktiv zu beeinflussen! Stressmanagement, Schlaf, Bewegung und Ernährung spielen dabei eine entscheidende Rolle. Finde heraus, was für dich am besten funktioniert und integriere diese Strategien in deinen Alltag.

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